von Thomas Yip
Das Üben von Tonleitern ist ein Thema, das mich sehr interessiert - nicht zuletzt auch wegen meiner eigenen Entwicklung als Pianist. Wie so oft im asiatischen Raum werden Tonleitern hauptsächlich gelehrt und geübt, um die ABRSM-Prüfungen zu bestehen, aber sie werden nicht wirklich als Bestandteil im wöchentlichen Unterricht integriert. Wie auch in meinem Fall begann man mit Tonleitern oft erst ein paar Wochen vor der Prüfung, und den Schülern wurde empfohlen, die Tonleitern von Noten abzulesen. Dies resultiert natürlich daraus, dass Tonleitern weder eine musikalische Befriedigung bieten, noch in irgend einer Weise interessant sind oder Spaß machen. Zusätzlich zu der unzulänglichen Vermittlung der Tonleitern im Unterricht, wurde das Heft mit den Tonleitern mit einem „Do it yourself“ Büchlein ergänzt, was zur Folge hatte, das Schülern oft keinerlei Hilfestellung für das Üben der Tonleitern angeboten wurde. Dies führte wahrscheinlich zu einem letztendlichen Vermeiden (und somit einer Inkompetenz) des Tonleiterspielens - immer mit dem Hintergedanken, dass Tonleitern ein notwendiges Übel sind, welches am besten ignoriert wird, es sei denn, der Lehrer fragt danach.
Als ich mit meinem Studium am Royal Northern College of Music anfing, war ich sehr über die intensive Leidenschaft meines Lehrers bezüglich Tonleitern und Technik überrascht. Anfangs fiel es mir überhaupt nicht leicht, aber nachdem ich viele Hilfestellungen und Strategien für das Üben bekommen hatte, bin ich zu dem Schluss gekommen, das der Vorteil von Tonleitern und Dreiklängen nicht nur in der technischen Kontrolle liegt, sondern sich auch auf das breitere musikalische Können auswirkt, das Verständnis der Tonarten fördert und eine große Hilfestellung für das Blattlesen darbietet, indem es einem ermöglicht, Schemen und Muster in der Musik zu identifizieren. Kurz gesagt: Im Erlernen von Tonleitern gibt es ein unglaubliches Potenzial, was meiner Meinung nach von asiatischen Lehrern nicht genutzt wird.
Ungeachtet dessen soll dieser Artikel dazu dienen, neue Strategien für das Üben von Tonleitern vorzustellen und vor allem Wege finden um das Üben interessanter zu machen. Denn es gibt definitiv viel mehr Wege, eine Tonleiter zu üben, als sie bloß von Anfang bis Ende durchzuspielen.
Paul Harris beispielsweise vertritt in seinem Buch „Improve your Teaching!“ die Ansicht, dass ein guter Lehrer Aktivitäten mischt, die sowohl für die linke wie auch die rechte Gehirnhälfte gedacht sind, wenn er Tonleitern unterrichtet. Ich glaube, das gleiche kann ebenso für das Üben von Skalen angewendet werden. Während die linke Gehirnhälfte eher rationales Denken und Lesen bevorzugt, präferiert die rechte Gehirnhälfte eher intuitives Denken und Imagination. Ich persönlich denke, es ist erstrebenswert beide Optionen zu erkunden. Das Büchlein „Music Teacher’s Companion“, herausgegeben vom ABRSM, ist ebenfalls zu empfehlen. Es beinhaltet eine Liste von gut erprobten Übemethoden für Tonleitern. Hier nenne ich einige Beispiele:
Natürliche gibt es noch viel mehr Möglichkeiten, wie man Tonleitern üben kann, aber für den Anfang bringt die obige Liste einen dazu, die Tonleiter von einem neuen Standpunkt aus zu sehen: Wie gut kennt man die Tonleiter wirklich? Kann man sie wirklich im Schlaf? Und würde man sie auch spielen können, wenn die schwarzen Tasten weiß wären? Für einen erfahrenen Lehrer gibt es einen großen Unterschied zwischen dem, was ein Schüler spielen kann, und was er weiß. Diese Übestrategien im Zusammenhang mit guter Unterweisung geben die Möglichkeit, einen Schüler vom Spielen der Tonleiter zum wirklichen Beherrschen und Verstehen der Tonleiter bringen. Denn letztendlich basiert fast alle Musik auf den Tonleitern. Daher bietet eine gute Wissensgrundlage der Skalen einen sehr großen Vorteil im Verstehen der Theorie, Harmonik, Technik, Tonproduktion und der allgemeinen Musikalität.
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