von Thomas Yip
"Also bringen Sie Ihr Klavier mit, oder werde ich mir eins kaufen müssen?“
Mit dieser Frage wurde einer meiner Kollegen einmal konfrontiert, und auch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viele Interessenten anfangs unsicher sind, ob sie ein Instrument zu Hause benötigen, wenn man Klavierunterricht nehmen möchte. Auf der einen Seite kann ich den Gedankengang nachvollziehen: Sprach- oder Kunstunterricht ist in der Einzelstunde so intensiv, dass man während des Unterrichts alle Kompetenzen erlernt. Müssen wir also wirklich in ein "großes Möbelstück" investieren?
So einfach ist das gar nicht: Vieles hängt davon ab, was man mit dem Unterricht erreichen möchte.
Musik erlernen beinhaltet sowohl kognitives Lernen wie auch das Entwickeln der Feinmotorik.
Das Wissen selbst kann von Lehrern in der Stunde vermittelt werden. Aber die Fähigkeit, die Töne zu erzeugen und musikalische Ideen darzustellen, liegt fast ausschließlich beim Schüler. Und dies kommt nur durch das Üben, also das selbstständige Lernen ist, das darauf hinausläuft, eben jene feinmotrischen Fähigkeiten zu entwickeln, die es braucht, um Musik zu erzeugen.
Des Weiteren braucht es Zeit, denn Üben braucht Zeit. Die Entwicklung von Fähigkeiten braucht Zeit. Dies ist nicht etwas, was man über Nacht erlernen kann. Wenn kein Instrument zum Üben vorhanden ist, und das Einüben ausschließlich während des wöchentlichen Unterrichts stattfindet, so wird der Fortschritt gehemmt. Das Wegbleiben des Fortschritts und des damit verbundenen Erfolgserlebnisses führt wiederum zum Desinteresse und irgendwann wird der Schüler aufgeben: Nicht gerade das ideale Szenario!
Manche Interessenten haben auch Einwände gegen die hohen Kosten eines Instruments, und ziehen es vor zu fragen, ob man nicht erstmal ein paar Probestunden haben könne. Natürlich sage ich da nicht nein, aber ich würde sie trotzdem auf den kleinen Spruch „Übung macht den Meister“ hinweisen. Das Üben an sich hängt sehr von der Qualität des täglichen Übens ab, und regelmäßiges Üben erzielt immer ein besseres Resultat als nicht zu üben. Aus der Perspektive des Lehrers ist es viel wahrscheinlicher, dass diejenigen Interessenten, die von Vorne herein in ein Instrument investieren, im Vorteil bzgl. des Resultates sind.
Ob man nun wirklich ein Klavier zu Hause braucht, hängt größtenteils davon ab, was man eigentlich erreichen möchte. Stellen Sie sich doch ein Wunschziel vor: Eine Zeit und einen Ort, an dem Sie Klavier üben und Musik machen werden.
Es ist daher nützlich, sich zu fragen:
„Bin ich nur für ein paar Tage hier, oder bleibe ich hier?“
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